Die größte Gefahr im Leben

Die größte Gefahr im Leben ist, dass man zu vorsichtig wird.

– Alfred Adler

Die grösste Gefahr im Leben ist, dass man zu vorsichtig wird.

Vorsicht!

„Vorsicht!“ ist eines der ersten Wörter, das ein Kleinkind ständig zu hören bekommt. Anscheinend gibt es für die Eltern nichts wichtigeres, als „Vorsicht!“ zu rufen:

  • Wenn es über den Fußboden kriecht und sich zwischen den Stuhlbeinen verheddert,
  • wenn es sich an einem wackligen Stuhl hochzieht und mitsamt dem Stuhl zu Boden fällt,
  • wenn es den Möhrenbrei anstatt zu essen, sich in Haare und Augen schmiert,
  • wenn es einen Becher Apfelsaft über das Sofa träufelt,
  • wenn es mit der Gabel auf den Tisch haut,
  • und so weiter.

Dem natürlichen Drang nach Forschung und Entwicklung wird frühzeitig das Aus beschieden. Dafür muss das Kind lernen, sich in die Normen einzufügen und alles so zu tun und zu lassen, dass die Eltern ein strahlendes Gesicht aufsetzen und rufen können: „Bravo, Kleines! Du bist schon so vernünftig.“

Vorsicht schützt unser Leben.

Ich weiß, ich übertreibe maßlos. Dennoch wird durch das rigorose und konstante Bremsen und Abblocken der natürliche Drang nach Freiheit und Abenteuer zurückgebunden, der erst in späteren Jahren, mit der nötigen Portion „Vorsicht“ und „Vernunft“ wieder ein Stück weit ausgelebt werden darf, beispielsweise beim Grillen im Wald oder beim Trampen quer durch Europa. Und gerade in diesen Situationen, in denen wir uns außerhalb der gewohnten Abläufe bewegen, brauchen wir eine gesunde Portion Vorsicht, um nicht von einer Vogelschlinge in die andere zu treten.

Ohne Vorsicht würde ein junger Mann beim Grillen den Wald anzünden, würde er die Bratkartoffeln mit blossen Händen aus dem Feuer holen oder auf einer ihm unbekannten Strecke das Auto in den Graben steuern.

Zuviel Vorsicht erstickt das Leben.

Es gibt auch ein Zuviel an Vorsicht, wie überhaupt von allen guten Dingen. Zuviel Vorsicht ist eine der schlimmsten Formen der Verkümmerung, weil sie das Leben erstickt. Mit der Vorsicht gehen die Verbote einher. Nicht die sinnvollen und nützlichen, sondern die aus Ängstlichkeit geborenen. In den westlichen Staaten haben wir heute ein selbstvermehrendes Heer von Gesetz-Machern, die alles und jedes erfassen, reglementieren, einschränken, einengen und sanktionieren. Im Strassenverkehr beispielsweise wird den Bürgern ständig befohlen, wie schnell sie fahren dürfen. Jegliche natürliche Vorsicht und Mündigkeit wird auf diese Weise abgeschafft und verkommt zu einem ungehemmten Ausleben der jeweiligen Regeln. Und wehe, es besteht einmal keine Regel, dann wird es gefährlich, weil den Menschen die natürliche Vorsicht abhanden gekommen ist.

Gleitschirmpiloten

Die grösste Gefahr im Leben ist, dass man zu vorsichtig wird.

Ja, es könnte schief gehen, das Projekt, an dem ich arbeite. Aber ohne den Mut, Fehler zu machen, erfahre ich nie, ob es nicht doch funktioniert hätte. Wer die Vorsicht ein wenig zurückbindet, erfährt, wie viel ihm gelingt, wider alle Vernunft und Vorsicht.

Die größte Gefahr im Leben
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