Wer denkt, ein Autor setzt sich an seinen Computer, schreibt seinen Roman und gut ist, täuscht sich gründlich.
Es sind unendlich viele Schritte nötig, bis man einen Roman im Laden kaufen kann. Einer der Wichtigsten ist der Überarbeitungsprozess. Ich sage bewusst „Prozess“, weil auch die Überarbeitung nicht eine einzige Tätigkeit ist, die es abzuhaken gilt.
Ich habe den Roman „Abfahrt in zwei Minuten“ in 3 Monaten geschrieben und war stolz, als ich ihn korrigiert, „redigiert“ und als Ausdruck meiner Frau übergeben hatte, um Ihr Urteil als erste Testleserin zu hören.
Nachdem ich ihre wertvollen Hinweise verarbeitet hatte, lud ich das Buch auf mein Kindle und las es selber, wie wenn es der Roman eines Anderen wäre und brachte rund 300 Notizen an.
Nun war ich soweit, dass ich den Roman vier weiteren Testlesern geben konnte. Und da kam der Hammer: Ich vermischte zwei Stile, die beide für sich genommen OK sind, aber nicht die gleichen Zielgruppen betreffen. Einerseits waren da ziemlich harte und erotische Szenen, die vor dem Hintergrund der mennonitischen Nebenfigur, Valerie Gerber, kontrastieren sollten. Aber alle christlichen Leserinnen zogen scharf die Luft ein, als sie diese Szenen lasen. Der Tenor lautete: Entscheide dich, ob du für Christen oder für Nichtchristen schreiben willst.
Ich denke nicht, dass ich explizit für Christen schreibe, aber doch für Leserinnen, die keine Sexszenen lesen wollen. Und wer mit dem Glauben nichts am Hut hat, dem ist dieser Roman denn doch zu fromm.
Für mich war sofort klar, dass es mir wichtiger ist, meine Werte in den Roman einfliessen zu lassen, als ein Publikum mit Sexszenen zu erreichen, von denen ich selber nicht überzeugt bin und die ich auch nie in der heute üblichen schamlosen Offenheit schreiben könnte.
Deshalb werde ich das Buch in den nächsten Wochen nochmals überarbeiten und den Rotstift ansetzen. Hoffentlich wird es letztendlich eine abgerundete Geschichte. Mir wurde auch bewusst, dass ich meine Zielgruppe klar definieren muss, wenn ich mit Schreiben beginne. Nun habe ich mich entschieden.
Weil auch der Anfang überarbeitet wird, habe ich die Leseprobe ausgewechselt.